
Im Rahmen einer Mystery Shopping-Kampagne mit sechs Versicherern hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) festgestellt, dass nicht alle Versicherer Testpersonen nach ihren Wünschen und Investitionsbedürfnissen befragten. Nur etwa die Hälfte der Versicherer dokumentierte, ob ein empfohlenes Produkt für die Testperson geeignet war. Zudem waren die Beratungsdokumente oft verwirrend. Im Gegensatz dazu schätzten die Testpersonen die Informationen zur Risikoebene und die empfohlene Zurückhaltung.
Die Mystery Shopping-Kampagne der BaFin war Teil einer länderübergreifenden Initiative, die von der European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA) koordiniert wurde. Der Fokus lag auf der Beratung und dem Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten.
Fokus der Beratung
Im Auftrag der BaFin traten die Testpersonen als Käufer von Produktversicherungssystemen auf, um zu überprüfen, ob die Berater die Angebots- und Anlageziele der Testpersonen berücksichtigten. Es wurde überprüft, ob die Berater die gesetzlichen Vorgaben für die Beratung von Versicherungsanlageprodukten einhielten. Dazu gehörten die Implementierungsregulierung für Versicherungsanlageprodukte, die Verordnung zu Informationspflichten in Versicherungsverträgen und die Offenlegungsverordnung.
Auf einen Blick:Mystery Shopping-Kampagne für Versicherungsanlageprodukte
Zwischen März und Juni 2024 führten die Testpersonen im Auftrag der BaFin 72 Beratungsgespräche mit sechs Versicherungsunternehmen. Nach den Beratungsgesprächen wurden die Verträge widerrufen.
Getestete Verkaufskanäle:
- Berater, die ausschließlich für eine Versicherungsgesellschaft tätig sind (exklusive Organisation).
- Ausschluss von Banken als Vertriebskanal (Bankverkaufsbancaunze).
- Berater, die direkt bei einer Versicherungsgesellschaft angestellt sind (Außendienstmitarbeiter).
Es wurden zwei Testkundenprofile mit unterschiedlichen Bedürfnissen erstellt. Beide Profile umfassten Personen im Alter von 30 bis 50 Jahren, die eine sichere Anlage mit einer Laufzeit von 10 bis 15 Jahren suchten. Beide Profile hatten wenig Erfahrung mit Finanzprodukten, wobei das Profil 1 eine geringe Liquiditätsanforderung und Vorliebe für nachhaltige Systeme zeigte, während das Profil 2 eine höhere Liquidität benötigte und keine Präferenz für nachhaltige Systeme hatte.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Ergebnisse der Testobjekte aufgrund der begrenzten Stichprobengröße nicht auf den gesamten deutschen Finanzsektor übertragen werden können.
Mystery Shopping-Kampagnen bieten der BaFin einen direkten Einblick in die Marktsituation im Gegensatz zu Verbraucherbeschwerden oder Testberichten, die nur indirekte Informationen liefern.
Fehlende relevante Informationen
Es wurde festgestellt, dass Berater oft nicht ausreichend nach wichtigen Informationen fragten, wie frühere Erfahrungen mit Anlageprodukten, finanzielle Situation, Anlageziele, Investitionszeitraum, Risikobereitschaft, Liquiditätsbedarf und individuelle Nachhaltigkeitspräferenzen. Dies führte zu erheblichen Defiziten bei der Beratung.
Weiterhin gab es Unstimmigkeiten zwischen den Informationen der Testpersonen und der Dokumentation in den Beratungsprotokollen. In einigen Fällen widersprachen sich die Informationen, insbesondere in Bezug auf das Risikoniveau. Zudem wurden Testpersonen oft nicht ausreichend über das Thema Nachhaltigkeit informiert, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist.
Komplexe Produkte und mangelnde Transparenz
Die meisten abgeschlossenen Verträge (68 von 72) beinhalteten mehrere Optionen, die es ermöglichten, in verschiedene Investmentfonds zu investieren. Nur vier Verträge entsprachen klassischen Versicherungsanlageprodukten, bei denen der Versicherer die Beiträge in seine allgemeinen Investitionen steckte. Die vereinbarten Laufzeiten waren oft länger als ursprünglich angefragt.
53 der 72 Verträge enthielten Investitionskomponenten mit Nachhaltigkeitsmerkmalen, wobei die Hälfte der Testkäufer Nachhaltigkeitspräferenzen angab.
Verbesserung der Kosteninformationen erforderlich
In den meisten Beratungsgesprächen wurden die Testkunden über die erwartete Leistung (in 94 Prozent der Fälle) und das Risiko (in 81 Prozent der Fälle) informiert. Die Renditeerwartungen blieben jedoch häufig unter den vom Kunden angeforderten zwei Prozent, während die Kosten zwischen 0,71 und 3,29 Prozent pro Jahr lagen. Diese Kosten wurden nur in etwa zwei Dritteln der Gespräche thematisiert.
Unklare Dokumentation
Die Beratungs- und Vertragsdokumente umfassten oft über 200 Seiten, teilweise sogar über 400 Seiten. Sie waren häufig verwirrend und irreführend. Es war nicht immer klar, welche Informationen zu welchem Dokument gehörten.
Obligatorische Informationen wie das grundlegende Informationsblatt und die Offenlegung von Nachhaltigkeitsrisiken wurden nicht immer vollständig vorgelegt und in einigen Fällen erst nach Vertragsabschluss diskutiert.
Abbildung 1: Welche Dokumente wurden am häufigsten bereitgestellt
© Bafin
Unzureichende Produktinformationen
Die Berater sollten nur Produkte aus geeigneten Versicherungssystemen empfehlen. Die Informationen, die während der Kundenexploration gesammelt wurden, waren entscheidend für die Bewertung der Angemessenheit der Produkte. Jedoch wurde nur in etwa der Hälfte der Fälle die Produktadäquanz überprüft. Nur 19 von 72 Verträgen erfüllten die Kriterien von EIOPA in Bezug auf Rentabilität, Risiko und Haltbarkeit. In vielen Fällen war die Produktadäquanz hinsichtlich Rückgabekriterien oder Risikoklassen unklar.
Auswirkungen der Ergebnisse durch die BaFin
Die BaFin überprüft die Ergebnisse der Mystery Shopping-Kampagne, um sicherzustellen, dass die getesteten Berater die gesetzlichen Anforderungen bei der Beratung und dem Verkauf von Versicherungsanlageprodukten einhalten. Mit den Unternehmen, bei denen Mängel festgestellt wurden, wird die BaFin in Kontakt treten, um systematische Verbesserungen zu erreichen.