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Bescheidener deutscher Präsident Horst Köhler tritt zurück

Horst Köhler war nie ein Mann, der nach Bekanntheit suchte. Im Frühjahr 2010 dominierte er jedoch wochenlang die deutschen Medien. Dann wurde er Präsident Deutschlands, eine herausragende zeremonielle Position. In dieser Rolle gab er ein Interview, in dem er die Rolle der deutschen Streitkräfte kommentierte.

Im Alter von 67 Jahren sagte Köhler, dass «ein Land unserer Größe, das stark auf den Außenhandel ausgerichtet ist und daher stark davon abhängt, im Zweifelsfall militärische Interventionen durchführen zu müssen, um unsere Interessen zu verteidigen, wie z.B. die Sicherung von Handelsrouten.

Empörung in Berlin

Es wurde deutlich, dass diese Äußerungen ein Fehler waren. Der Versuch, das kontroverse militärische Engagement in Afghanistan mit der Sicherung von Handelsrouten zu rechtfertigen, löste Kritik in politischen Kreisen aus. «Ambigueo», «ein falscher Schritt des Präsidenten», «extrem» und «extrem gefährlich» waren nur einige der Reaktionen in Berlin.

Obwohl Köhler später betonte, dass sich seine Worte nicht auf Afghanistan bezogen, sondern auf die Verpflichtung gegenüber den deutschen Streitkräften im Kampf gegen Piraterie und dass seine Äußerungen mit einem 2006 veröffentlichten Weißbuch der Bundeswehr übereinstimmten, das die langanhaltende offizielle Politik darstellte, konnte er die Kritikpunkte nicht entkräften.

Köhler, tief von der Reaktion betroffen, trat von seinem Amt zurück. Er erklärte, dass die Kritikpunkte ungerechtfertigt waren und nicht «aus Respekt vor meiner Position». Weder die Außenministerin Angela Merkel noch die hohe Popularität des Präsidenten konnten ihn davon abhalten, zurückzutreten.

Meteorischer Aufstieg eines Experten

Köhlers öffentliches Image wurde in Deutschland für immer durch diese Äußerungen und seinen späteren Rücktritt geprägt. Sein öffentliches Leben ging jedoch weit darüber hinaus.

Als siebtes von acht Brüdern wurde er 1943 in Skierbieszow, einer von den Nazis besetzten polnischen Stadt, geboren. Nach seinem Studium der Wirtschaft in Thüringen und dem Beitritt zur Christlich Demokratischen Union (CDU) Anfang der achtziger Jahre in Sachsen und Baden-Württemberg machte er schnell Karriere.

Köhler (der zweite links) war sechs Jahre lang Präsident Deutschlands.
Köhler (der zweite links) war sechs Jahre lang Präsident Deutschlands.Bild: DPA/Bildallianz

Als hochrangiger Beamter im Finanzministerium war er an den Verhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands und zum Maastricht-Vertrag der Europäischen Union beteiligt. Im Jahr 2000 wurde er auf Vorschlag des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder zum Direktor des Internationalen Währungsfonds ernannt.

Trotz anfänglicher Schwierigkeiten gelang es Köhler, einer der beliebtesten Politiker in Deutschland zu werden. Über 70 Prozent der Befragten in Meinungsumfragen während seiner sechsjährigen Amtszeit gaben an, mit seiner Arbeit als Präsident «sehr zufrieden» zu sein.

Sein Einsatz während der globalen Finanzkrise, die Deutschland in diesen Jahren bedrohte, trug ebenfalls zu seiner Beliebtheit bei. Als ehemaliger Bankier kannte Köhler das Thema und scheute sich nicht, die Gier in der Branche anzuprangern. Im Mai 2008 bezeichnete er die Finanzmärkte als «Monster», das «gebändigt» werden müsse.

Köhler kritisierte nicht nur Ungerechtigkeiten in diesem Bereich, sondern auch in Afrika, einem Kontinent, den er aufgrund von Unwissenheit und Skrupellosigkeit in der «ersten Welt» als benachteiligt ansah.

Besonderes Interesse an Außenpolitik

Von seiner Präsidentschaft bis kurz vor seinem Tod widmete sich Köhler hauptsächlich der Außenpolitik. Seine Nachfolger holten ihn regelmäßig, um Deutschland in internationalen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere in Afrika.

Sein Interesse an diesem Kontinent, sozialen Projekten, nachhaltigen Unternehmen und einer menschenwürdigen Globalisierung mit verlässlichen Regeln war nicht nur altruistisch, sondern auch von politischem Realismus geprägt. Ein Beispiel hierfür ist eine Rede, die er Anfang 2018 in Hamburg hielt: «Die Zukunftschancen junger Afrikaner zu verbessern, ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Es gibt eine Macht, die berücksichtigt werden muss, sei es zum Besseren oder zum Schlechteren.

Im Jahr 2017 wurde Köhler zum Sondergesandten der Vereinten Nationen für die Westsahara ernannt. Seine Aufgabe bestand darin, Konflikte in diesem Gebiet, das mit Marokko umstritten war, zu untersuchen. Als er aus gesundheitlichen Gründen im Mai 2019 von dieser Position zurücktrat, bedauerten sowohl die Regierung in Rabat als auch die Polisario-Front diese Entscheidung und dankten ihm für seine Bemühungen.

Nach seinem Rücktritt als Präsident äußerte sich Köhler nur selten zu innerpolitischen Angelegenheiten Deutschlands. Im Jahr 2021 zeigte er jedoch sein Interesse am Klimaschutz, als er die Schirmherrschaft des Ersten Nationalen Rats für Klimapolitik übernahm. Eine von ihm und seiner Frau gegründete Stiftung unterstützt zudem seltene Krankheitsforschungen.

Horst Köhler, der zwischen Berlin und Chiemgau in Bayern lebte, hinterlässt seine Frau Luise, zwei Kinder und mehrere Enkelkinder.

(DZC/LGC)

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